Superhelden – wie wir die Welt verändern – Story von Viola Meyer

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Eine Freundin und Schriftstellerin aus Langenau hat hier eine coole Kurzgeschichte verfasst. Es geht um unsere Vorstellungen zur Weltverbesserung und über die wahren Helden des Lebens. Hammer Geschichte, danke Viola!

Superhelden

„Jonas, wo bleibst du denn?“, die Stimme seiner Mutter schallte durch den Flur. Schnell packte der kleine Junge seine Maske und rannte zur Haustüre, wo seine Mutter schon ungeduldig auf ihn wartete. „Was machst du denn so lange?“, fragte sie tadelnd, während sie hinter ihrem Sohn die Türe zu zog. Jonas stülpte sich die Maske über die Augen und grinste breit: „Ich brauche doch meine Superheldenmaske! Schließlich will ich ein Held werden.“ Seine Mutter seufzte leise, ergriff ihn an der Hand und ging mit ihm die Stufen des Mehrfamilienhauses hinab. „Du könntest doch auch einfach nur mal mein Held sein und auf mich hören.“, schimpfte sie. Als sie an der Wohnungstüre von der alten Frau Mendes vorbei kamen, fiel Jonas der Blumenstrauß auf, der vor ihrer Türe lag. „Mama?“, er verlangsamte seine Schritte. „Warum liegt ein Blumenstrauß vor Frau Mendes Türe?“ Seine Mutter warf dem Blumenstrauß einen kurzen Blick zu und zog ihn weiter den Flur hinab: „Wahrscheinlich wollte ihr jemand eine Freude machen und hat ihn ihr vor die Türe gelegt.“ Jonas warf einen Blick über die Schulter zurück zu dem Blumenstrauß. Die bunten Blumen leuchteten in dem tristen Treppenhaus farbenfroh auf und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Kurze Zeit später hielt seine Mutter das Auto auf dem Parkplatz und sie stiegen aus. „Keine Alleingänge Jonas. Hast du verstanden?“, seine Mutter drückte die Hand in seine Hand und steuerte auf den großen Supermarkt am Ende des Parkplatzes zu. Jonas Blick war durch die Maske über seinen Augen beschränkt, aber durch sie fühlte er sich richtig mutig und unerschrocken. Wenn er seine Superkräfte gebrauchen würde, wäre er bereit dazu. Er konnte nämlich ganz schön viel. Aus seinen Fingern konnte er Blitze zucken lassen, die jeden Gauner in die Flucht schlagen würden. Und mit den Armen konnte er ganz viele Feuerbälle schießen. Kein Ganove auf der Welt hätte eine Chance gegen ihn. Denn er war der Beste aller Superhelden! „Jonas!“, die genervte Stimme seiner Mutter drang an sein Ohr. „Bitte hör auf so herum zu fuchteln. Du machst mich noch ganz verrückt.“ Jonas seufzte leise und senkte seine Hand. Kurz vor der Supermarkt stach ihm ein alter Mann ins Auge. Er saß neben dem Eingang und sah ganz dreckig und zerlumpt aus. Seine langen Haare waren ungewaschen und die Füße nackt. Vor ihm stand ein Pappbecher und der Mann spielte auf einer Mundharmonika eine schöne, aber traurige Melodie. Jonas sah, wie ein junger Mann vor dem heruntergekommenen Mann stehen blieb und ein paar Worte mit ihm wechselte, bevor er sich hinab beugte und dem Mann eine kräftige Umarmung gab. Jonas wurde es ganz warm im Magen, als er sah, wie der alte Mann breit lächelte. „Mama, warum hat der Mann den anderen Mann umarmt?“, fragte Jonas. Seine Mutter griff seine Hand fester und zog Jonas schnell an dem heruntergekommenen Mann vorbei in das Innere des Ladens. „Das ist ein Obdachloser“, meinte sie nur und ließ seine Hand los um den Einkaufszettel aus der Hosentasche zu kramen. Bevor die Ladentüre sich hinter ihnen schloss, konnte Jonas noch hören, wie der Obdachlose sein Lied mit der Mundharmonika anstimmte. Es klang irgendwie fröhlicher. „Also gut. Wir brauchen nur ein paar Sachen. Kommst du?“, fragte seine Mama und ging voraus. Jonas blickte sich um und sah sofort die beiden Gauner auf sich zukommen. Sie wollten sich wohl mit ihm anlegen. Doch er hatte keine Angst vor ihnen, auch wenn sie vermummt waren und ihre Augen böse blitzten. Er machte einen Satz nach vorne, ließ die Hände über seinem Kopf kreisen und schleuderte ihnen zwei Feuerbälle entgegen. Einer der beiden konnte sich gerade noch ducken, während der andere sich auf ihn stürzte. Schnell verpasste Jonas ihm einen Schlag und der Angreifer hatte keine Chance mehr gegen ihn. Dann machte er eine schnelle Drehung, als sich der andere Angreifer aufrappelte und auf ihn zugestürzt kam. Er ließ seinen Arm nach vorne schnellen und die Blitze beschützten ihn vor dem Angriff. „Jonas!“, erschrocken hielt Jonas in der Bewegung inne und sah sich um. Seine Mutter wartete ein paar Meter weiter ungeduldig auf ihn. Die Gauner waren verschwunden. „Jetzt komm schon. Wir haben nicht ewig Zeit“, motzte seine Mutter. Jonas beeilte sich ihr zu folgen. Als sie alles von der Einkaufsliste hatten, stellten sie sich an der Kasse an. An der Kasse neben ihnen war ein Junge mit dunklen Haaren, der Jonas Maske neugierig musterte. Jonas reckte die Brust heraus. Er war hier der Held. Als die Mutter des Jungen an der Reihe war mit bezahlen kramte sie sehr lange in ihrem Geldbeutel. Schließlich schüttelte sie den Kopf und meinte zu der Kassiererin: „Tut mir leid. Aber könnten Sie die Kekse wieder zurück nehmen. Ich fürchte es reicht nicht.“ „Aber du hast doch versprochen, dass ich Kekse bekomme.“, quengelte der Junge mit den dunklen Haaren. Seine Mutter zuckte hilflos mit den Schultern, bezahlte und sie verließen den Laden.
Die Frau, die nach der Mutter und dem Jungen an der Kasse stand sagte zu der Kassiererin: „Können Sie mir die Kekse mit aufs Band legen?“ Sie bekam den Wunsch und verließ mit ihrem Einkauf den Laden. „Jonas, kommst du?“, seine Mutter war ebenfalls fertig mit bezahlen und gemeinsam verließen sie den Einkaufsladen. Als seine Mutter ihn an der Hand nahm und zum Auto hinüber zog, sah Jonas wieder den dunkelhaarigen Jungen mit seiner Mutter. Und die blonde Frau die die Kekse gekauft hatte kniete vor dem Jungen und hielt ihm die Kekspackung hin. Der Junge lachte und blickte freudig zwischen seiner Mutter und der Frau hin und her. „Jonas, nicht trödeln.“, schimpfte seine Mutter und zog ihn weiter, so dass die Szene aus seinem Blickfeld verschwand. Das hatte ihn nachdenklich gemacht und als er und seine Mutter ihm Auto saßen und auf dem Heimweg waren fragte er leise: „Du Mama, meinst du der Junge im Einkaufsladen war auch obdachlos?“ Seine Mutter runzelte die Stirn und warf ihm durch den Rückspiegel einen fragenden Blick zu: „Welcher kleine Junge?“ Jonas zog die Schultern hoch und blickte aus dem Fenster. Kurze Zeit später saß Jonas in seinem Kinderzimmer und baute an seiner Lego-Burg weiter. Die Blumen vor Frau Mendes Türe waren verschwunden gewesen. Wahrscheinlich hatte sie sie gefunden. Da klingelte es an der Haustüre. Jonas hörte durch die angelehnte Zimmertüre, wie seine Mutter die Türe öffnete und einen Mann ins Haus ließ. Jonas kannte ihn. Er war schon öfter da gewesen. Seine Mutter hatte erklärt, dass er ihr Anwalt sei. Jonas wusste nicht genau, warum er immer wieder zu ihnen kam, aber seine Mutter war oft traurig über das, was er erzählte. Sein Blick fiel auf die Heldenmaske, die er vorhin auf sein Bett gelegt hatte und seine Gedanken überschlugen sich. Entschlossen stand er auf, griff danach und schlich auf den Flur. Er hörte seine Mutter und den Mann im Wohnzimmer reden. Leise öffnete er die Haustüre und flitzte durchs Treppenhaus bis zu Frau Mendes, wo er mit heftig klopfendem Herzen klingelte. Es dauerte unendlich lange, bis er die schlurfenden Schritte der alten Frau hörte und sie die Türe öffnete. Sie lächelte ihn breit an, als sie ihn sah: „Jonas! Wie schön dich zu sehen. Und du hast ja eine tolle Maske.“ „Hallo Frau Mendes.“, begrüßte Jonas die alte Dame höflich und lugte dann an ihr vorbei in ihre Wohnung. Die Frau lachte leise: „Na? Was führt dich zu mir? Doch nicht etwa Schokolade oder?“ Sie drehte sich um und nahm aus der Schüssel auf der Anrichte ein Lutschbonbon, um es Jonas zu geben. „Danke Frau Mendes.“, Jonas lächelte breit. „Ich muss wieder gehen. Tschüss.“ Mit diesen Worten flitzte er wieder los. Er verließ das Haus und betrat den kleinen Garten dahinter. Hastig pflückte er ein paar Gänseblümchen von der Wiese und nahm sie mit ins Haus. Er schlüpfte leise durch die angelehnte Wohnungstüre und lauschte. Seine Mutter und der Anwalt sprachen immer noch und hatten ihn nicht gehört. Er war so schnell und leise gewesen wie ein echter Superheld. Jonas wartete in seinem Zimmer, bis seine Mutter den Anwalt verabschiedet und zurück ins Wohnzimmer gegangen war. Dann schlich er mit seiner Maske, dem Lutschbonbon und den Blumen in der Hand zu ihr ins Wohnzimmer. „Jonas?“, seine Mutter saß auf dem Sofa und sah ihn müde an. Jonas setzte sich dicht neben sie und blickte seine Mutter durch die Augenlöcher seiner Maske an: „Ich habe heute drei Superhelden gesehen.“ „Ach echt?“, seine Mutter rieb sich die Stirn und Jonas nickte eifrig: „Ja“ und fügte nach kurzem Zögern hinzu. „Aber sie haben leider gegen keine Gauner gekämpft.“ „Sondern?“, fragte seine Mutter und blickte ihren Sohn fragend an. Jonas zögerte und sagte dann leise: „Sie haben nur andere Menschen gerettet.“ Er legte das Lutschbonbon und die Gänseblümchen vor seiner Mutter auf den Tisch und nahm sie dann so fest er konnte in den Arm. Seine Mutter schlang seine Arme um ihn und drückte ihn ganz fest zurück und als sie sprach, konnte er das gerettete Lächeln aus ihrer Stimme hören:

„Du bist wirklich ein Superheld, Jonas.“

Die wahren Helden findet man im Alltag. Man muss sie nur sehen wollen

Klaus Seibold

Wer mehr von Viola Meyer lesen will: Sie ist auf der E-Book Plattform Wattpad.de unter „ViolaMMeyer“ zu finden. Dort hat sie auch einige eigene Manuskripte veröffentlicht.

3 Kommentare

Nate

Ich bin Nate, schreibe über Gott und die Welt. Und alles was es dazwischen noch so gibt.

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