Inspirationsblitz

I

Manchmal kommt es vor, dass uns Geschichten treffen wie der Schlag. Du hörst eine Geschichte, vielleicht erlebst du sie sogar selbst und wirst getroffen. Du merkst, dass das Erlebte oder Gehörte mit dir zu tun hat. Es kann dich verändern. Perspektivwechsel erzeugen, dein Umfeld erstrahlen lassen. Blitzartig. Hier kommt ein Inspirationsblitz, der kürzlich durch mich gefahren ist. Achtung, High Voltage!

Die Story

Ich bin in Karlsruhe, habe einen Tag erlebt, der eher so mittelmäßig gewesen ist. Ich freute mich auf zuhause. Nur noch die Autofahrt, dann ists auch geschafft. Es war einer dieser Tage, an dem sich mein Kopf eher leer anfühlte und mir eigentlich nicht danach war, mich mit jemandem ausgiebig zu unterhalten. Das jedoch ist meist meine Absicht, wenn ich eine Blablacar-Fahrt im Voraus buche. Neugierde gegenüber Leuten. An diesem Tag war es anders, ich hatte eigentlich mehr Bock auf Ruhe.

Ich wartete also auf das Auto. Dass der Fahrer irgendwie ausländischer Herkunft war, konnte ich an seinem Namen bei der Buchung schon erkennen. Als das Auto auf den Parkplatz rollte und gleich vier Ausländer aus dem Mazda ausstiegen, war ich doch ein wenig verwundert. Der Fahrer und ein anderer Insasse konnten mich auf Deutsch begrüßen. Der Rest war mit seinen Sprachkenntnissen offensichtlich noch nicht so weit. Aber ein Handschlag tuts auch manchmal schon. Es ist nicht so, dass ich Vorurteile gegenüber Fremden habe, aber wenn man in ein Auto einsteigt und es sich anfühlt, als taucht man in eine andere Kultur ab, empfindet man in den ersten Minuten doch manchmal ein unwohles Gefühl. Ich musste erstmal klarkommen, mir Überblick über die Leute verschaffen. Ich fing also an zu fragen, wer wie hieß und wer woher kam. Grundlagenforschung betreiben.

Nachdem das erste Eis gebrochen war, stiegen wir in tiefere Gespräche ein. Ich unterhielt mich mit den beiden Männern, die wirklich sehr gut Deutsch sprechen konnten. Der Fahrer stammte aus Kamerun und sein Kollege aus Mauretanien. Wir hatten direkt einen gemeinsamen Nenner. Denn, wie sich herausstellte, waren wir alle drei auf dem Weg Ingenieur zu werden. Ich im Maschinenbau, die beiden Afrikaner in der Elektrotechnik. Wir unterhielten uns über Technologie und erzählten, wo wir bereits Erfahrung sammeln konnten. Ich merkte, dass sie richtig was auf dem Kasten hatten. Redegewand und schlau, das waren sie beide. Mein nur halb gelungener Tag war schnell vergessen, meine Energiereserven wieder voll. Der Mauretanier erzählte mir von seinem aktuellen Job und von zwei Stellenangeboten, die ihm unterbreitet worden waren. Ich fragte die beiden Jungs nach den nächsten logischen Schritten und dem längerfristigen Plan, den sie verfolgten. Was dann kam überraschte mich.

Beide erzählten davon, dass sie mit dem, was sie in Deutschland gelernt hatten, mit der der Prägung, die sie hier bekommen hatte, zurück gehen wollten in ihr Land. Dort wollten sie einen Unterschied machen. Sie wollten ihr Land voranbringen, gute Entwicklung fördern. Ich hakte nach. Ich fragte, wie ihre Perspektive war, das anzugehen. Voller Entschlossenheit sprachen sie davon, dass sie den Entwicklungsstarts von null anfangen müssten, auch wenn andere Länder schon bei Schritt zehn seien. Es sei zwar hart, aber ganzheitlich, nur so helfe man Menschen wirklich weiter. Ich war beeindruckt. Vollkommen.

Der Mauretanier erzählt mir weiter, dass eine Begegnung in der Vergangenheit alles bei ihm veränderte. Er erzählte von dem Tag, an welchem er und ein paar seiner Studienkollegen im Büro des deutschen Botschafters in der Mauretanischen Hauptstadt saßen. Der Botschafter erzählte ihnen über die Bildungsmöglichkeiten in Deutschland und die Aussicht dort zu studieren. In Ihm sahen sie einen Enabler, der sie unterstützten wollte. Er erzählt mir weiter, dass alle der damals Anwesenden nach Deutschland kamen und auch alle dafür brennen würden, wieder zurück zu kehren, um ihrem Land Vision und Zukunft zu bringen.

Mauretanien ist eins der ärmsten Länder der Welt, hat einen sehr geringen Grad an menschlichen Entwicklungen und besteht zum größten Teil aus Wüste, sagte mir Google dann zuhause. Der Wikipedia-Artikel klang nicht besonders hoffnungsvoll. Nachdem ich allerdings die beiden Männer traf, empfand ich tiefe Hoffnung für dieses Land. In meinem Kopf verglich ich kurz was sie in Deutschland alles erreichen könnten und was sie wohl in ihren Ländern erwarten musste. Ich denke der Respekt vor diesen Männern war der eigentliche Kultur-Schock, den ich an diesem Abend erlebte.

Kann es sein, dass ich so einen Kultur-Schock mal wieder gebraucht hatte?

1 Kommentar

Nate

Ich bin Nate, schreibe über Gott und die Welt. Und alles was es dazwischen noch so gibt.

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