Die neue Realität

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Unser Leben zwischen Realitäten und Gottes Bild darin

Zukunft – wir denken alle drüber nach. Wie sieht sie aus?

Am Mittwoch war ich in München. Ich besuchte die BMW Welt und bekam eine Werksführung in der Produktion. Und dann war ich auf einmal mittendrin: in der Zukunft. Den Eindruck bekam ich zumindest, nachdem ich die Tür in die BMW Welt öffnete. Alles krass. Alles so futuristisch. Hochwertige, leistungsstarke Autos. Poliert und durch Licht in Szene gesetzt, als könnten sie einen im ersten Gang direkt in die Zukunft kutschieren. Wahnsinn. Aber sind die Dinger nicht für die dreckigen Straßen gebaut? Für die Realität?

Szenenwechsel.

Ich fahre von der Arbeit heim. Im Zug. Ich liebe meinen Arbeitsweg. Es ist leicht bewölkt, die Sonne scheint und es ist Föhn. Aus dem großen Fenster des Zuges sehe ich die Alpen während wir über weite Freiflächen und durch abgeerntete Felder düsen. Keiner sitzt neben mir. Ich versacke in meinen Gedanken. Es gibt eine Welt hinter den Feldern, da sind die Berge, da ist es ganz anders. Fernweh packt mich. Ich bin begeistert von dem weißen Puder, der auf den Bergspitzen schimmert. Leider komme ich gerade nicht hin. Aber es gibt sie, die Bergwelt.

Szenenwechsel.

Alltag. Ich sitze vor meinem Computer und erledige Dinge. Ich öffne Spotify, will Musik hören. Ein blauer Banner zeichnet sich vor meinen Augen ab. Das Advertisment von Kanye West bedeckt einen Drittel meines Bildschirms. Es zeigt in gelber Schrift den Titel seines neuen Albums. Es heißt „Jesus is King“. Und zack bin ich entführt. Mir wird bewusst: in der Welt, in der ich lebe, werde ich nicht von Zeitdruck, von Sinnlosigkeit oder Gehirnwäsche regiert. Nein. In meiner Welt ist Jesus der King. Ganz andere Realität. Sie lebt und existiert.                       

Die Sprachfähigkeit zwischen den Realitäten

Immer wieder merke ich eine Spannung. Ich sehe sie auch bei Leuten, mit denen ich eng bin. Wir leben in verschiedenen Realitäten. Bekommen verschiedene Realitäten suggeriert und verkauft. Manchmal falsche Realitäten. Aber wir entscheiden. Immer wieder versuche ich, mich bewusst der Realität auszusetzen, die Jesus in dieser Welt geschaffen hat. Sie heißt „basileia tou theou“ (griechisch). Das Königreich Gottes. Wir sagen auch häufig nur Reich Gottes. Warum versuche ich mich dem auszusetzen? Naja, ich spüre sie halt nicht immer. Ich merke nicht immer, dass der Herrschaftsbereich Jesu mein Leben ergreift – deswegen. Jesus war das Reich Gottes sehr wichtig. Er sprach so häufig davon. Er erwähnte es gleich 119 Mal in der Bibel. Mehr noch als das Wort „Sünde“ oder „Hölle“. Seine Realität, sein Reich eben, war wichtiger als all das andere Zeug.

Hast du mal versucht, das Reich Gottes in zwei Sätzen zu erklären? Versuchs einmal. Ziemlich schwierig. Ich scheitere auch immer wieder dran. Wissen wir überhaupt, wovon wir da reden? Was ist das überhaupt, dieses Reich Gottes? Wenn Jesus davon redete benutzte er immer wieder Sätze, die begannen das Reich Gottes so zu beschreiben: „das Reich Gottes ist wie…“. Dann kommt eine Geschichte. Mit Bildern aus der damaligen Zeit zeichnet Jesus etwas auf. Dann wird es interpretiert.

Interpretationsversuche

Was machen wir? Häufig höre ich etwas wie: „da haben Menschen zum Glauben gefunden“ – Christen sagen dazu auch: „da hat sich jemand bekehrt“– „da ist das Reich Gottes ausgebrochen“. In meiner Kirche wird häufig gesagt: „Wir haben ein Herz für das Reich Gottes“ oder „Wir sind Arbeiter im Reich Gottes“. Aber wie sieht denn unsere Stellenbeschreibung in diesem Reich aus? Wann merkt unser Herz, dass wir den Herrschaftsbereich dieser Welt verlassen und in das Reich Gottes eintauchen? Manchmal scheint mir das zu sehr einfach nur ein plumper Slogan mit wenig Gewicht zu sein. Das Reich Gottes muss doch mehr sein!

Ich wünschte, ich könnte die Fragen schon alle beantworten. Ich habe das Buch „Gott macht alles neu“ von Marlin Watling gelesen. Ich kann es sehr empfehlen. Es umreißt in einer ganz frischen Art dieses Reich, was Jesus gebracht hat, erklärt wo es herkommt und warum wir uns auf alle Fälle damit beschäftigen sollten. Super spannend. Meine Fragen haben sich trotzdem noch nicht alle in Luft aufgelöst und ich bin immer noch dabei, das Reich Gottes für mich so zu erklären, dass es griffig ist, dass es mich täglich trifft und ich sagen kann: das Reich Gottes die wichtigste Realität in meinem Leben.

Meine Versuche das Reich Gottes zu sehen

Mein Weg das herauszufinden geht ähnlich wie bei BMW. Etwas Gutes auf die Straße bringen. Ich möchte Format und Räume in meinem Leben schaffen, von denen ich sagen kann, dass sie für mich ein Abbild des Reiches Gottes sind. Das können Kirchen sein, die man betritt. Das können missionale Orte oder Projekte sein, die in dem Sinn fungieren, die Werte und Praxis Jesu in unserer Gesellschaft zu leben. Dann möchte ich es in meinem Leben sehen. So wie ich die Alpen sehen kann. Sie sind kein Spaß und keine Erfindung. Sie sind real. Ich sehe sie halt nicht immer. Jesus Reich wird plötzlich für mich real, wenn ich sein Eingreifen sehe. Ein Wunder in meinem Leben oder im Leben anderer. Eine Person, die aus geistigen Ketten befreit wird, vielleicht von Zweifeln. Vielleicht passiert Heilung. Und Zack. Reich Gottes gesehen. Manchmal ist es aber vielleicht auch so, dass ich nichts sehe. Alltagsscheiße, meine Probleme, die Probleme anderer, die auch mich belasten. Druck. Streit. Alles uncool. Wo ist da das Reich Gottes? Es gibt trotzdem einen Zugang. Ich kann mich ihm selbst aussetzen, indem ich sage „Jesus ist König“. Ich proklamiere seinen Namen in dunkeln Situationen. Zapfe mit den geistlichen Waffen, die Jesus für mich geschaffen hat, eine ganz andere Realität an. Reich Gottes.

Woran ich mich messen möchte

Ich habe noch nicht alle Antworten und für mich ist das Reich Gottes auch noch nicht hinreichend scharf umrissen. Aber ich merke etwas. Es ist wichtig, immer wieder drauf hinzuweisen. Wenn ich etwas sehe, etwas merke, dann sollte ich sagen: „Da ist das Reich Gottes! Hier sehe ich es!“ Das ist ungemein wichtig. Sonst haben wir keine Begriffe für das Reich Gottes, können es nicht erklären, sind sprachlos. Gleichzeitig bringt Jesus das Reich Gottes immer wieder mit dem Himmel in Verbindung. Im Vater Unser sollen wir für Himmel auf Erden beten, für seine göttliche Realität auf der Erde eben. Himmel? Ja ich weiß… was soll das sein und wie sieht es dort aus? Himmel und Erde sind ja doch sehr divergent. Manchmal muss ich mich dann auch damit abfinden, nicht alles beschreiben zu können. Trotzdem ist es da, das Reich Gottes. Es bedarf häufig neuer Interpretationen, kann nicht genau auf eine Wirkungsweise fixiert werden. Aber ich möchte keine Stigmatisierung. Nur zu sagen, dass das Reich Gottes dann sichtbar ist, wenn Menschen auf einmal an die Botschaft der Bibel glauben ist mir zu low. Ich glaube, Jesus hat da durch sein Kommen viel mehr produziert. Das Reich Gottes hat nicht den Anspruch, bloß auf intellektuelle Zustimmung zu treffen oder im Kontext christlicher Parallelwelten als geistliches Happening beschrieben zu werden. Das Reich Gottes ist eine Realität. Das will ich nicht vergessen. Und vor allem nicht verpassen. Ich will Reich Gottes in meinem Alltag sehen – auf all den verschiedenen Kanälen: In welche Realität lassen wir uns einladen?

2 Kommentare

  • Sehr starke und ehrliche Worte!
    Es gibt so verschiedene Wahrnehmungen, die zu verschiedenen und verzerrten Realitäten kommen. Deshalb wird es zunehmend schwerer für sich zu entscheiden welche Realität man glauben und leben will!
    Ist ein Thema, welches ein täglich beschäftigt…

    • Hey Mika! Danke für dein comment. Ich bin ganz bei dir.
      Ich empfinde, dass wir die Realitäten auch entzerren müssen. Auch wenn Reich Gottes nicht immer so scharf ist, tut es gut, mal selbst zu definieren, wo wir suchen müssen.
      Manchmal gar nicht so einfach. Aber echt wirksam!

Nate

Ich bin Nate, schreibe über Gott und die Welt. Und alles was es dazwischen noch so gibt.

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