Meine Frustrations-grenze

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Der Frust, der sich häuft

Manchmal komme ich nicht drum rum. Viel Arbeit, wenig Erfolg. Druck wird zu Stress. Ich beginne die Sachen, die nicht laufen, persönlich zu nehmen. Dann wird’s kacke. Druck ist okay, dem kann man noch standhalten. Stress ist aber blöd. Dann wird auch alles andere ungenießbar und ich selbst dazu auch noch.

Wer kennt das nicht? Dabei haben wir alle unsere Bereiche, die uns Frust bereiten können. Frust kommt aus Beziehungen, die nicht funktionieren, Arbeit, die nicht zum Erfolg führt und Leid, aus dem man nicht flüchten kann. So ganz generell: Erwartungen, die nicht eintreffen. Manchmal kommt das auch in Vereinen, Kirche oder woanders vor. Die Dinge sind einem einfach zu wichtig, als dass man mit Schieflagen easy klarkommt. Das ist auch okay. Aber wie damit leben? Diese Frage beschäftigt mich schon eine ganze Weile. Ich habe einige meiner Freunde gefragt und war auch erstaunt, dass es gleich so viele unterschiedliche Bereiche sind, die einem Frust bereiten können.

Die Sicherheit, die ich brauche

Wir alle haben das. Ein Sicherheitsbedürfnis. Wenn das erfüllt ist gehen die Dinge einfacher von der Hand, es fühlt sich entspannter an. Mein Sicherheitsbedürfnis nenne ich mal die „Rahmensicherheit“. Ich fühle mich sicher, wenn ich weiß, wofür ich etwas tue, wenn ich an einem aufgeräumten Schreibtisch sitze oder ich weiß, dass ich meine Sachen unter Kontrolle habe. Ich fühle mich auch sicher, wenn ich mich auf meine Freunde und Partner verlassen kann.

Generell ist bei mir meistens alles in Butter. Mit Beginn dieses Jahres hatte ich aber auch so meine Durchhaltephasen. Viele Unsicherheiten, Freunde und Familie, die gefühlt Lichtjahre entfernt waren und viel Zeit, die ich allein verbringen musste. Wenn ich auf die letzten Monate zurück schaue bin ich erstaunt, wie anders ich war, wie sehr ich an mein Frustlimit rangekommen bin, wobei mich sonst eigentlich die schlechten Dinge nicht so arg berühren. Die Sicherheit hat mir gefehlt.

Die Grenzen, die ich expandieren möchte

Es gibt manchmal niemanden, der uns Frust wegnehmen kann. Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder erhöht man seine Frustrationsgrenze oder man lernt damit einfacher klar zu kommen. Ich weiß gar nicht, ob es gut ist immer an seinem Frustlimit zu schrauben. Schließlich haben wir ja auch natürliche Grenzen, die uns unser Körper uns unser Geist vorgibt. Die sind meistens schon ganz gut. Besonders wichtig ist es, dass wir diese wahrnehmen, uns kennen. Sonst schießen wir übers Ziel heraus. Ein Freund von mir hatte vor einigen Jahren eine Belastungsdepression. Ein gestandener Mann, von dem ich viel gelernt habe. Eines Tages erzählte ich ihm eine banale Sache und er fing an loszuheulen, einfach so. Die kleinste Kleinigkeit konnte er nicht mehr ertragen. Er war zu weit gegangen.

Entscheidungen, die ich nur selbst treffen kann

Ich liebe es sehr mir Rat zu holen. Bei Freunden oder Familie, bei Menschen, zu den ich volles Vertrauen habe. Es ist aber so, dass es viele Entscheidungen gibt, dich ich mir auch durch Rat oder Zureden nicht abnehmen lassen kann. Ich stehe für mich selbst und den Frust, der aus falschen Entscheidungen kommt, muss ich auch selbst tragen.

Ich habe die letzte Zeit auch auf schmerzhafte Weise lernen müssen, dass meine Grenzüberwindung manchmal daraus besteht, dass ich mir selbst Grenzen setzte. Bis hierhin gehe ich, weiter nicht. Bis dahin investiere ich, dann ist Schluss. Das ist manchmal hart, aber gut, ja sogar wichtig.

Das Ventil, das ich bediene

Wenn der Frust zu groß ist muss er weg. Punkt. Dazu gibt es verschiedene Ventile. Sport ist so das, was eigentlich immer zieht. Das kommt auch nicht von ungefähr. Es gibt Arten von Stress, die werden -wissenschaftlich bestätig- nur von Sport abgebaut. Die Regelmäßigkeit ist gut, sonst kommt man auch da zu schnell an Grenzen. Ein anderes, wirklich wichtiges Ventil ist die Probleme beim Namen zu nennen. Jemand, der sich Zeit nimmt zuzuhören. Auch jemand, der mal sagt. „Stark, wie du das so aushältst“. Ich mag das selbst, deswegen möchte ich diese Situationen bei anderen auch niemals unterschätzen, die mir gerade erzählen, was sie alles durchmachen.

Es gibt aber auch schlechte Ventile… Wenn mir alles zu viel wird, kann ich selbst immer noch freundlich und nett bleiben, auch wenn ich schneller gereizt bin. Ich kann mich aber immer noch gut beherrschen. Ich tue etwas anderes ungutes… Ich mache Abstriche bei mir selbst, werde hart zu mir, gönne mir nichts, knapse Zeit zum Schlafen ab oder ähnliches. Manch anderer fällt in alte Verhaltensmuster, die er sich eigentlich abgewöhnt hat, ist pampig oder zieht sich zurück.

Es ist ein Stück weit normal. Aber wachsen kann ich nur, wenn ich lerne die richtigen Ventile zu bedienen, die nicht mir selbst, noch den Leuten um mich herum schaden. Bloß was sind die richtigen Ventile?  

Die Freiheit die von Innen kommt

Eine bewegende Geschichte ist die, von Viktor E. Frankl. Er war Psychiater und Jude. Von den Nazis ins KZ gesperrt. Seine Frau, seine Eltern, sein Bruder von den Nazis umgebracht. Er wurde gefoltert und erlebte unsagbare Erniedrigung. Er wusste nie, ob er auch in der Gaskammer landen würde. Als er nackt und allein in einem Raum kauerte wurde er sich etwas bewusst, dass er später „Die letzte Freiheit des Menschen“ nannte. Er konnte beobachten wie etwas mit im Geschah, seine innerste Identität war unantastbar. Er konnte selbst entscheiden, wie sich etwas auf ihn auswirken würde. Er hatte Reize, aber er hatte vielmehr noch die Freiheit selbst zu entscheiden, wie er reagieren wollte. Mit seiner Vorstellungskraft sah er sich selbst, wie er seinen Studenten diese Lektion vermitteln wollte.

Freiheit erfahren ist so wohl eine der größten Dinge. Eine Sache, die mir niemand nehmen kann, ist die Wahrnehmung von meinem Gott. Freiheit im Herzen. Da ist es mir egal, ob das andere verstehen oder nicht. Ich weiß, dass Gott bei mir ist. No matter what. Aber auch der biblische Gott betont immer wieder den Gedanken von Ruhe und Frustrationsbefreiung. Das finde ich bemerkenswert.

Die Ernsthaftigkeit, von der ich zu viel habe

Klar, das meiste was wir tun ist super wichtig. Die Arbeit unser Studium und alles andere auch. Jeder will erfolgreich werden, jeder hat irgendwas zu sagen. Und trotzdem… Probleme, Frust und Stress sind manchmal besser zu händeln, wenn wir uns selbst nicht so ernst nehmen. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass ein tüchtiges Verhalten für die Tonne ist, nein. Aber es ist eben nichts so wichtig wie du und ich selbst. Keine Arbeit, kein Erfolg, gar nichts. Unser Wert ist unermesslich und mit nichts der Welt aufzuwiegen. Deswegen können wir ruhig auch mal die Ernsthaftigkeit aus den Segeln nehmen, mal yolo sagen. Die Welt dreht sich auch ohne, dass wir etwas dazu tun. Auch wenn wir uns wie Willi-Wichtig fühlen. Manches kann warten, ich muss nicht alles wissen und ich muss auch nicht besser als alle anderen sein. Ich kann auch mal Nachrichten nicht beantworten oder nein sagen.

Das Leben ist wirklich schön und wir haben es hier unglaublich gut. Trotzdem lässt sich Frust nicht vermeiden. Das ist auch okay. Wir können aber steuern, können wir das?

2 Kommentare

Nate

Ich bin Nate, schreibe über Gott und die Welt. Und alles was es dazwischen noch so gibt.

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